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Ladeinfrastruktur auf Campingplätzen – was gilt es zu beachten?

Ladeinfrastruktur auf Campingplätzen – was gilt es zu beachten? - ECOCAMPS

Das dritte inhaltliches Seminar zum Thema Elektromobilität drehte sich dieses Mal um das Thema Ladeinfrastruktur auf dem Campingplatz. Ziel des Seminars, das ECOCAMPING für Campingplatzbetreiber*innen anbot, war es die Entscheidungskompetenz bei Investitionen in die Ladeinfrastruktur zu stärken. Gemeinsam mit den Teilnehmer*innen möchten wir offene Fragen und gemeinsame Interessen identifizieren und den Austausch ermöglichen. Das Elektromobilitäts-Team von ECOCAMPING veranstaltete das Seminar. Zur Unterstützung war Werner Köstle von Touremo ebenso wie Georg Spätling vom LCB e.V., als Projektträger neben zahlreichen Campingplatzbetreiber*innen zugeschalten. Dieses Seminar ist Teil des Projekts: „Zukunftsoffensive Elektromobilität für Campingplätze in Bayern“, gefördert vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie. Viele der Informationen, die in dem Seminar verarbeitet sind, können Sie in unseren Fachinformationen Ladeinfrastruktur nachlesen und vertiefen.

 

Vom Laden über Steckdose bis zu CHAdeMo 

Von Steckdose, über CEE, einphasig oder dreiphasig angeschlossene Wallboxen bis zu Gleichstromladen wurden alle Typen erläutert. Doch welche Typen sind für das Laden auf dem Campingplatz sinnvoll, wie viele braucht es und worauf ist bei den gängigen Modellen zu achten? Langsames Wechselstrom-Laden wie es bei Steckdosen, CEE und einphasigen Wallboxen der Fall ist, erhöhen die Verweildauer des Gastes und schont die Batterien, es ist einfach umsetzbar. Doch wie sieht es mit der (Lade-)Lastverteilung aus? Oder im Falle von Kurzzeitbesucher*innen die laden möchten?

Schneller geht es da mit dreiphasig angeschlossenen Wallboxen oder Ladesäulen. Jedoch können bisher nur wenige Fahrzeugmodelle im Wechselstrombereich mit mehr als 11 kWh laden. Für Ladepunkte mit mehr als 11kW ist nicht mehr nur die Meldung beim Netzbetreiber nötig, sondern eine Genehmigung von diesem zwingend. Gleichstrom-Laden via CCS oder dem selteneren CHAdeMo hat zwar viel mehr Power, scheint aber für Betriebe die nicht an Fernverkehrsrouten liegen und Gastronomie anbieten oft überdimensioniert.

 

So viel Energie brauchen E-Fahrzeuge und Verbrenner-Fahrzeuge

Ein Auto mit Verbrennungsmotor braucht – neben riesigen Mengen Kraftstoff – noch Schmieröl, AdBlue, Filter, mehr Bremsbeläge und ab und an einen neuen Auspuff, wenn der alte durchgerostet ist. Der Verschleiß und Verbrauch sind deutlich höher als bei Strom-getriebenen Fahrzeugen.

Ein durchschnittliches  Elektroauto verbraucht auf 100 km ca. 18 kWh (inklusive der Ladeverluste), bei einem durchschnittlichen Strompreis von 30 Cent je kWh. Die Umrechnung erfolgt über den Heizwert der Kraftstoffe. Dieser beträgt bei Diesel 9,8 kWh/l (hier auf 10 gerundet). Das heißt ein Benziner mit vergleichbarem Verbrauch von 18 kWh würde circa 1,8 Liter pro 100 km verbrauchen. Das durchschnittliche E-Fahrzeug ist im Vergleich zum Verbrenner- Fahrzeug somit viel effizienter, da bei Kraftstofffahrzeugen sehr viel Energie über Wärme verloren geht. Nur circa 30 % der Energie geht in die Fahrleistung. Strom ist jedoch eine edlere Energieform als Benzin oder Diesel und daher teurer. E-mobilisten zahlen im Moment zwischen 20 – 30 Cent pro kWh, wird dies mit dem Faktor 10 (Heizwert) multipliziert, ergibt dies den äquivalenten Dieselpreis, das wären 3 Euro pro Liter Diesel – das ist natürlich viel. Daher ist die ineffiziente Energieform Diesel bzw. Benzin im Moment noch kostengünstiger im Vergleich zu der edlen Energieform Strom. Wie schon erwähnt, sind E-Fahrzeuge jedoch effektiver in der Energieverwertung, sodass über den Daumen der Strompreis mal 3 den vergleichbaren Spritpreis ergibt (30 Cent/kWh -> 90 Cent/ Liter). Noch besser ist es, den Strom selbst zu erzeugen und nicht einkaufen. Wer eigenen Strom produzieren kann, ist kostentechnisch auf der sicheren Seite und kann extrem günstig elektromobil unterwegs sein.

Kapazitäten und Kosten verschiedener Fahrzeuge im Überblick (Ladekapazität * 30 Cent/kWh = Kosten bei Vollladung):

E-Bike: 0,25-0,6 kWh * 30 ct/kWh = 7,5 ct –> 18 ct pro Ladung

WomoX = 110 kWh * 30 ct/kWh = rund 33 € pro Ladung

Tesla M3 = 75 kWh * 30 ct/kWh = rund 23 € pro Ladung

VW Id3 = 58 kWh * 30 ct/kWh = rund 18 € pro Ladung

Zoe = 41-52 kWh * 30 ct/kWh = 12 – 16 € pro Ladung

Hybrid 10-15 kWh * 30 ct/kWh =  3 – 4,5€ pro Ladung

 

Wo kann geladen werden?

Verschiedenen Anbieter haben Karten mit Übersichten der Ladesäulen online. Campingplätze wären mit halböffentlichen Ladesäulen auch auf diesen Karten präsent. Dies lockt natürlich auch e-mobile Gäste oder Durchreisende an. Es gibt einige Potentialanalysen zur Errichtung von Ladesäulen, welche ebenso auf Webseiten zugänglich sind. Diese zeigen, wo es Ladebedarf geben wird. Am besten schauen Sie dort nach, ob Sie in diesem Bereich liegen, denn dort machen Ladesäulen mit Schnelllademöglichkeit Sinn, da auch Durchreisende diese Routen wählen. Wenn Sie nicht in dieser Region liegen, kann auf Langsam-Laden gesetzt werden, welches den Übernachtungs- oder Restaurantgästen ein gutes Angebot ist.

Link: https://www.standorttool.de/strom/

 

Was braucht ein Campingplatz?

Es gibt unterschiedliche Konzepte für eine Ladeinfrastruktur:

  • Standplätze sukzessive ausstatten und e-mobile bereite Standplätze anbieten
  • Eine zentrale Ladestation für alle (Camper*innen / Besucher*innen / Durchreisende)
  • Öffentliche Ladesäule vor der Schranke (24/7) für jede*n zugänglich

Nach der Prognose und auch auf Wunsch der Gesetzgeber sollten 2030 10 – 15 % von Parkplätzen und somit ggf. auch Standplätzen e-mobil aufgerüstet sein, damit hier mit Power geladen werden kann. Es reicht jedoch langsam anzufangen und die Erweiterbarkeit im Blick zu haben. In den meisten Fällen ist jedoch das langsame Laden ausreichend. So können die Bedürfnisse aller e-mobiler Gäste gedeckt werden, zudem ist der Platz für die E-Mobilität vorbereitet und wird auch so wahrgenommen.

 

Wichtige Fragen, wenn es dann losgehen soll, sind:

  • Wie hoch ist die bestehende Vorhalteleistung des Netzbetreibers am Übergabepunkt (B.: 120 kVA)? kVA = Scheinleistung, daher in einer anderen Einheit angegeben. Diese Leistung kann beim Netzbetreiber erfragt werden wie auch evtl. Kosten für eine Erweiterung.
  • Wie ist mein Unternehmen abgesichert? Verfügt es über einen oder mehrere Hausanschlüsse, B.: 3 x 64 A Sicherungen multipliziert mit 230 V ergibt 44,16 kW was ungefähr der Scheinleistung entspricht).
  • Reicht der Anschlusswert aus? (Berechnung eines Bsp. in unserer Fachinformation). Es ist leicht berechenbar, wie viel mehr Leistung für eine bestimmte Anzahl an Ladepunkten gebraucht wird. Es muss die Anschlussauslastung in der Hochsaison beachtet werden. Dazu gibt ein Lastprofil Auskunft. Diese bekommt man vom Netzbetreiber, wenn man mehr als 100.000 kW im Jahr verbraucht ist das sogar seine Pflicht.
  • Wie weit ist der nächste Trafo entfernt? (Bsp. aus der Praxis: Baukostenzuschuss 74 €/kVA)? Wenn die Leistung nicht ausreicht und nicht nur über selbst erzeugten Strom geladen wird,  muss die Anschlussleistung aufgestockt werden. Infos zu den Kosten gibt es auch beim Netzbetreiber. Jedoch gibt es zur Ertüchtigung des Netzanschlusses für Elektromobilität auch Förderungen.
  • Welche Leitungsquerschnitte, Längen- / Leitungsführung und Anschlusswerte sind auf dem Platz? Wichtig ist das Thema Schieflast bei Einphasenladern. E-Autos können in der Grundversion oft nur über eine Phase des Wechselstromnetzes laden (manchmal sind es auch zwei). Damit wird ein großer Teil der eigentlich zur Verfügung stehenden Leistung nicht in Anspruch genommen. Die allein stromführende Phase wird stark belastet, die anderen dagegen gar nicht, es entsteht eine Asymmetrie oder Schieflast. Oft hilft schon ein Anruf beim örtlichen Netzbetreiber, um Klarheit zu schaffen, wie weit man mit dem Einphasenstrom hochgehen kann bzw. darf. Ein weiterer wichtiger Wert ist der Gleichzeitigkeitsfaktor.
    Der Gleichzeitigkeitsfaktor (GZF) dient zur Berechnung der real benötigten Leistung am Netz-Anschlusspunkt. Gleichzeitigkeitsfaktors (Camping ca. 0,75 / E-Mobilität = 1)
    Auf dem Campingplatz geht man davon aus, dass alle Verbraucher zur gleichen Zeit mit 0,7 – 0,8 angeschaltet sind. Nie alle Verbraucher nutzen zur gleichen Zeit die volle Leistung. Wenn aber mehrere Ladesäulen vorhanden sind, liegt der GZF per Definition bei 1 (außer sie werden über ein Lastmanagement geregelt). Das heißt, wenn ein E-Auto da ist, wird es mit voller Last dauerhaft geladen. Elektromobilität erzeugt dauerhaft große Last, wenn Fahrzeuge geladen werden.
  • Stromherkunft: Öko-Stromeinkauf, PV, BHKW, Speicher (Arbeitspreis / Leistungspreis / Lastprofil)? Am besten Strom selbst produzieren anstatt einkaufen. Wird der Strom nämlich an E-mobilisten zum gleichen Preis verkauft, wie an Campinggäste, ist das sehr teuer und wirkt eher abschreckend. Es gibt Portale über das Gastgewerbe, die elektromobil geeignete Beherbergungsbetriebe auszeichnen und auch Foren, die das Thema. Diese Diskussion wird es in Zukunft auch für Campingplätze geben und dabei spielt der Preis eine Rolle, ob ein Campingplatz e-mobil tauglich ist oder nicht.
  • Einsetzten eines Lade- und Lastmanagement? Laden von E-Fahrzeugen mit dauerhafter und hoher Auslastung, können Leistungsspitzen im Lastprofil verursachen, welche dann über den Leistungspreis extra bezahlt werden müssen. Das kann sehr teuer werden, darum ist auf lange Sicht ein Lade- und Lastmanagement unumgänglich.
    Ein Lastmanagement beugt vor und regelt (das Laden) den Strombedarf der verschiedenen Verbraucher über die Zeit. Campingplatzbetreiber*innen können dies Lastmanagement zum Teil selbst steuern. Es gibt verschieden Systeme, die das können und auch individuell erweiterbar sind.

Was muss meine Hardware können?

Baurecht: Es gibt eine Ladesäulen-Verordnung, Ladepunkte werden jedoch wie Parkscheinautomaten eingestuft und sind i.d.R. genehmigungsfrei. Sie müssen den Technischen Anschlussbedingungen (TBA) und dem sicheren Betrieb von E-Anlagen entsprechen. Das heißt eine Fachkraft muss die Ladesäule abnehmen. Unbedingt auf Erweiterbarkeit achten: Leerrohre und Leitungsquerschnitte, sowie Kompatibilität der Anlagen.

Seit Anfang 2020 gibt es einen Gesetzentwurf zum Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz, darin heißt es, bis 1. Januar 2025 ist jedes Nichtwohngebäude mit mehr als 20 Stellplätzen mit mindestens einem Ladepunkt und bei Nichtwohngebäuden jeder 5. Stellplatz mit Schutzrohren für Elektrokabel auszustatten.

Tipps vom Praktiker zu Leitungen:

Oft verlegt wird ein 5 x 4 mm² Kabel, dies ist eher ungeeignet und kann zur „Fußbodenheizung“ werden. Es ist für Elektromobilität zu knapp dimensioniert und dauerhaft keine gute Möglichkeit. Sinnvoller sind 5 x 6 mm² Kabel.

 

Beispiele aus der Praxis

Wer bereits ein Fernauslesesystem für Stromzähler hat, kann weitere Zähler für die E-Ladedose in das System integrieren. Die Ablesbarkeit des Zählers, um Transparenz für den Kunden zu ermöglichen, ist dabei zwingend. Fernauslesesysteme können mit Zählern einfach nachgerüstet werden. Wenn es kein Fernauslesesystem gibt und bisher über Pauschalen abgerechnet wird, empfiehlt es sich E-Mobility Stellplätze einzurichten und zu bewerben, welche dann mit einem Zählsystem ausgerüstet sind (ggf. Ablesen auf Vertrauensbasis). Diese Säulen sind jedoch nicht förderfähig, da es zur Steuerbarkeit eine Schnittstelle geben muss, sodass die Anlage netzdienlich vom Netzbetreiber geregelt werden kann. Weitere Features für Ladesäulen sind eine Wechselstromsicherung, Schieflastvermeidung, Überlastungsschutz, allg. Monitoringsystem uvm.

 

Ein aktueller Förderaufruf ist draußen:

Neuer Förderaufruf ab 24.11.2020

900€ pro Ladepunkt

(https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/Privatpersonen/Bestehende-Immobilie/F%C3%B6rderprodukte/Ladestationen-f%C3%BCr-Elektroautos-Wohngeb%C3%A4ude-(440)/

  • Für Ladestationen an privat genutzten Stellplätzen von Wohngebäuden
  • Für Eigentümer und Wohnungseigentümer*innen­Gemeinschaften für Mieter*innen und Vermieter*innen
  • Müssen mit Ökostrom betrieben werden
  • Netzdienliche Anlagen und regelbare Anlagen (11 kW) die auch vom Netzbetreiber abgeschaltet werden können. Daher müssen intelligente Stromzähler (Smart Metern) her – diese werden auch gefördert.

 

Die Informationen aus dem Seminar können Sie in unseren Fachinformationen Ladeinfrastruktur nachlesen.

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