Wie geht nachhaltig campen? Gudrun Miessl von ECOCAMPING und ihr Mops Holly probierten es aus. Sie übernachteten auf nachhaltig wirtschaftenden Campingplätzen am Bodensee, zu erkennen am Europäischen Umweltzeichen EU Ecolabel.
In den Pfingstferien geht es los. Nachhaltig reisen wir mit einem Fahrradcamper aus Holz an, gezogen von einem Lastenrad, in dem Mops Holly thront. Ein ungewöhnliches Gespann in nachhaltiger Mission und im Auftrag des Umweltbundesamts und der RAL gGmbH unterwegs. Im Gepäck: eine Roadshow mit Spiel, Spaß und Infos.
Wir starten in Konstanz. Die erste Nacht wollen wir auf dem Campinggarten Wahlwies verbringen. Das bedeutet erst einmal, am Untersee entlangzuradeln. Trotz Betrieb auf dem Bodenseeradweg bleibt genug Platz für den Minicamper - auch bei Gegenverkehr. Der Radweg bietet zunächst extreme Ausblicke: Links schweift der Blick über Riedwiesen, geschützte Natur, den Untersee und die Insel Reichenau, rechts eine Großbaustelle. Seit Jahren wird die Bundesstraße 33 aufwendig ausgebaut.
In Allensbach gönnen wir uns einen Abstecher an die Seepromenade.
Ein großer Kontrast
In Radolfzell stellen wir das Gespann extra hinters Münster, um den Kontrast zu fotografieren: klein, mobil und innovativ vor groß, standhaft und altehrwürdig. Auf der Marktstätte erkennen die ersten Campinggäste aus Wahlwies das angekündigte Gefährt und freuen sich auf ein Wiedersehen bei der Roadshow.
Nun geht es ins Hinterland über den Weiler Reute, an einem Feld voller Solaranlagen vorbei nach Stahringen und schließlich nach Wahlwies. Der Campingplatz mit EU Ecolabel liegt in einem Obstgarten. Campen unter Apfelbäumen. Betreiberfamilie Knaust verkauft ihren eigenen Apfelsaft. Der schmeckt und löscht den Durst.
Einzig die Auffahrt zum Campingplatz ist geteert, danach tun es Schotterwege und Rasen. Höchstens zehn Prozent versiegelte Fläche darf ein Campingplatz aufweisen, um das EU Ecolabel zu erringen. Eines von vielen Kriterien, in Wahlwies locker erfüllt.
Romantisch übernachten
Die Roadshow lockt Besucher an, die neugierig ins Innere des Fahrradcampers schauen. Es ist ein Bett eingebaut, das genug Platz für einen Menschen und einen Mops bietet. Manche probierten das Lastenrad aus, das neue Modell „Carrie“ von Riese & Müller. Es ist robust und hochwertig, so dass wir die Fahrradreparatur-Station des Campingplatzes nicht brauchen.
Abends parkt der kleine Camper auf dem Romantik-Standplatz des Campinggartens Wahlwies, und wir schlummern unter Rosen und einem Walnussbaum.
Nachts kühlt es erstaunlich ab. Da erfreut der muggelig warme Sanitärbereich. Für Warmwasser sorgt die Sonne dank Solarthermie. Reicht sie nicht aus, springt eine Holzpellet-Heizung ein. Nachhaltig campen bietet allen Komfort und noch mehr. Den Weckdienst übernehmen zahllose Spatzenfamilien, die sich im Betriebsschuppen unterm Dach eingenistet haben. Das Dach selbst ist mit Solarzellen bestückt.
Attraktionen folgen Schlag auf Schlag
Am nächsten Morgen geht es früh los, denn die härteste Etappe liegt vor uns – nicht wegen der 45 Kilometer nach Markdorf, sondern wegen der Steigung in Meersburg. Doch erst einmal entfaltet der Bodensee auf unserer Fahrt seinen wildromantischen Charme. Die schroffen Molassefelsen vor Überlingen kontrastieren die Sylvesterkapelle, eine der ältesten Kirchenbauten Deutschlands.
Dann folgen die Attraktionen Schlag auf Schlag: die Altstadt von Überlingen, die Wallfahrtskirche Birnau, das Pfahlbaumuseum.
Es geht steil bergauf
Schließlich rückt die Meersburg ins Sichtfeld. Sonst ein erfreulicher Anblick, doch dieses Mal wird mein Herz schwer. Denn jetzt geht es derart steil bergauf, dass selbst der super Motor des Lastenrads nicht ausreichen wird, um den Holzcamper zu ziehen. Es muss noch jemand schieben. Dank des aufsehenerregenden Gespanns findet sich rasch ein Ehepaar, das hilft. Aber auf halbem Weg geht mir die Puste aus. Kurzentschlossen schiebt noch ein junger Mann mit, der sehr trainiert aussieht. Und so ist es bald geschafft. Dankedankedanke.
Nun strampeln wir den Radweg neben der Bundesstraße 33 entlang über Ittendorf mit der markanten Pfarrkirche St. Martin nach Markdorf.
Roadshow auf dem Wirtshof
Rechtzeitig erreichen wir unsere nächste Etappe, den Campingplatz Wirthshof. Dort zieht die Roadshow wieder Interessierte an, darunter viele Familien. Die Kinder probieren Golf-Frisbee aus und ziehen stolz mit einer Frisbee-Scheibe davon. Der 5-Sterne-Campingplatz Wirthshof legt bei seinem umfangreichen Freizeitprogramm viel Wert auf Nachhaltigkeit: Führungen zu den hofeigenen Bienenstöcken, Naturerlebnis, Flohmarkt, Streuobstprojekte oder auch Rückenprävention. Familie Wirth betrieb ursprünglich Obstbau. Nun betreiben sie einen großen Campingplatz mit zusätzlichen Mietunterkünften, darunter 17 neue Chalets, die komplett nachhaltig gebaut wurden und dank Wärmepumpe und Photovoltaik energieautark funktionieren.
Abends stelle ich den Minicamper auf einen regulären Standplatz. Er wirkt fast ein wenig verloren - wie wenig Platz doch so ein rollendes Bett braucht. Und trotzdem haben wir alles dabei, inklusive Futter und Decke für Mops Holly. Morgens finden die Wirthshof-Camper im Unverpackt-Laden alles für ein Frühstück ohne Verpackungsmüll. Milch fließt aus der stählernen Kuh in eine Pfandflasche, das Müsli rieselt direkt in die Schale. Der Wirthshof hatte bereits vor 20 Jahren das EU Ecolabel erhalten und strebt eine erneute Zertifizierung an.
Es rollt sich fast von alleine
Die nächste Etappe erweist sich als Klacks, nach Friedrichshafen rollt es sich praktisch von allein.
Die grüne Fahne mit EU-Blume, dem Logo des EU Ecolabels, weht uns gut sichtbar entgegen. Auch auf diesem Platz findet die Roadshow Anklang. Neben unserem Lastenrad zum Testen gesellt sich noch das Lastenrad des Campingplatzes, seit Jahren für Besorgungen und Lastentransporte im Einsatz. Ob Mitarbeitende oder Gäste mit Handicap, auf diesem Campingplatz fühlt sich das selbstverständlich und unkompliziert an. Von der Café-Terrasse schweift der Blick nicht allein aufs Bodenseeufer, sondern auch auf das angrenzende und von Insekten reich besuchtes Blumenbeet. Besonderer Pluspunkt: Direkt hinterm Campingplatz führt ein Uferweg ins zirka zwei Kilometer entfernte Naturschutzgebiet Eriskircher Ried. Wer in Friedrichshafen abends ausgehen will, kann die Innenstadt von diesem Campingplatz rasch zu Fuß erreichen. Die Party bleibt dann aber dort, wo sie stattfindet. Denn auf dem Platz selbst sorgt nachts ein Sicherheitsdienst für Ruhe.
Mit der Fähre in die Schweiz
Am nächsten Morgen ist es kein Problem, mit dem ungewöhnlichen Gespann auf die Fähre aufzufahren. Der Kassierer erweist sich als flexibel und zuvorkommend, gibt es doch keinen festgelegten Tarif für Lastenrad mit Mops und Minicamper. Die Fähre legt in der nahen Schweiz in Romanshorn an.
Direkt am Seeufer geht es nach Konstanz zurück. Der Radweg führt durch den Thurgau, ein landwirtschaftlich geprägter Kanton, auch unter Mostindien bekannt. Wir radeln Kilometer für Kilometer an Apfelplantagen, Maisfeldern und Riedwiesen vorbei, meist den Bodensee im Blick. Besonderer Höhepunkt zum Schluss bildet der wunderschöne Seeburgpark im Schweizerischen Kreuzlingen, der dank Kunstgrenze nahtlos und kaum spürbar in den Hafenbereich und schließlich die Altstadt von Konstanz übergeht.
Fazit: Nachhaltig campen macht Spaß und ist komfortabel. Und Mops Holly ist überall willkommen.
Start am Europatag
Um die Rundreise vorzubereiten, testete ECOCAMPING vorab den Fahrradcamper samt Lastenrad. Am Europatag, 9. Mai, startete die Roadshow auf der Insel Mainau unter dem Motto EU-Blume trifft Blumi. Blumi ist das Maskottchen der Insel Mainau, die EU-Blume ziert das Logo des Europäischen Umweltzeichens EU Ecolabel. Es handelte sich um eine Art Familientreffen, denn die Insel Mainau ist EMAS zertifiziert, ein freiwilliges Umweltmanagement der Europäischen Union, um die eigenen Umweltleistung systematisch zu verbessern. Danach ging es weiter mit der Roadshow auf dem Campingplatz Litzelstetten-Mainau, ebenfalls vom EU Ecolabel ausgezeichnet. Ziel der zweiten Tagestour ist der ebenfalls mit dem EU Ecolabel ausgezeichnete Campingplatz Klausenhorn. Auf diesem ausgezeichneten Campingplatz ist ein seit fast 30 Jahren erprobter nachhaltiger Pioniergeist spürbar. Ein Beispiel: Um den Autoverkehr auf dem Campingplatz direkt am Seeufer zu minimieren, stehen den Campern kostenfreie Bollerwagen für den Lastentransport zur Verfügung. Alle besuchten Campingplätze tragen auch die ECOCAMPING Auszeichnung, der Campingplatz Klausenhorn und der Wirthshof gehören seit über 25 Jahren sogar zu den ECOCAMPING Pionieren.</p>Auswahl der zertifizierten Camps
Was passiert, wenn sich vierbeinige Reisebegleiter und wissenschaftlich geprüfte Nachhaltigkeit auf eine gemeinsame Tour begeben? Die Antwort fanden wir auf den Spuren des EU Ecolabels rund um den Bodensee – eine Entdeckungsreise, die mehr war als nur Urlaub. Die Auswahl unserer Campingplätze folgte einem präzisen Kriterium: Das EU Ecolabel als offizielles Umweltzeichen der Europäischen Union sollte unsere Route bestimmen. Auf der Plattform www.ecocamps.eu durchkämmten wir systematisch die Bodenseeregion nach Campingplätzen mit verschiedenen Nachhaltigkeitszertifizierungen. Der Filter „EU Ecolabel" brachte vier nach den strengen EU-Kriterien zertifizierte Betriebe zum Vorschein: Campinggarten Wahlwies, CAP Rotach in Friedrichshafen sowie die beiden Konstanzer Campingplätze Naturcamping Litzelstetten-Mainau und Campingplatz Klausenhorn. Die beiden letztgenannten lockten uns zunächst zu Tagesetappen an – schließlich lagen sie praktisch vor der Haustür von Konstanz. Hier konnten wir in aller Ruhe testen, was eine viertägige Bodensee-Tour mit Mops so alles bereithält. Um die Route sinnvoll zu gestalten, gesellte sich noch der Wirthshof in Markdorf zu unserem Quintett. Dieser Betrieb besitzt bereits seit vielen Jahren das Europäische Umweltzeichen.
Das EU Ecolabel
Doch warum ausgerechnet das EU Ecolabel? Die Antwort liefert das strenge Zertifizierungsverfahren: Es handelt sich um eine von unabhängigen Dritten geprüfte Zertifizierung, die in allen 27 EU-Mitgliedstaaten anerkannt ist. Keine unspezifischen Behauptungen – beim EU Ecolabel werden konkrete, messbare Umweltkriterien geprüft und überwacht.
ECOCAMPING
ECOCAMPING fördert Umwelt- und Naturschutz, Sicherheit und Qualität in der europäischen Campingwirtschaft. Wesentliche Aktivitäten sind die Einführung des ECOCAMPING Umwelt- und Qualitätsmanagements auf Campingplätzen, die Beratung und Fortbildung von Unternehmern und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie die Auszeichnung vorbildlicher Campingplätze. ECOCAMPING ist in Deutschland zudem offizieller Auditor für das EU Ecolabel.